Zigeuner

Ich muss meine Ernährung umstellen – Nie mehr Zigeunersauce

no comment

Ich fahre ja nun nicht jeden Tag an die Frittenranch und schaufele mir handgeschnitzte, frittierte Kartoffeln in den Darmtrakt. Doch von Zeit zu Zeit kommt es vor und nach einer Portion Pommes mit Mayo und Zigeunersauce ist der Heißhunger auch meist schon wieder befriedigt. Doch da habe ich schon seit einigen Jahren ein Problem, denn die europäischen Bürokraten bestehen ja auf politisch korrekte Ausdrucksweise.

Und nachdem das „Forum für Sinti und Roma“ vor einigen Jahren eine entsprechende Eingabe machte und sich Jahrzehnte nach der Erfindung der Zigeunersauce plötzlich auf den Schlips getreten fühlte und den Begriff als diskriminierend empfand, müsste ich eigentlich meine Pommes mit Sinti oder Romasauce bestellen. Mal ganz davon abgesehen dass ich noch niemandem begegnet bin der diesen Begriff verwendet, frage ich mich doch allen Ernstes: „Gehts noch?“

Liebe Sinti und Roma, ich habe bei der Bestellung der diskriminierenden Sauce noch nie im Traum daran gedacht, dass diese Bezeichnung verwerflich und moralisch unanständig sein sollte. Genauso wie meine Oma die Worte Sinti und Roma nie über die Lippen brachte, was aber auch an der Generation gelegen haben kann. Wenn früher nämlich fahrendes Volk in die Stadt kam, dann kamen eben die Zigeuner und auch wenn dieser Begriff politisch inkorrekt sein sollte, sind nicht nur bei vielen älteren Sinti und Roma eben immer noch Zigeuner.

Übrigens hat sich noch kein Russe bei mir beschwert weil ich auch gerne mal ein Russen-Ei esse. Und eigentlich kenne ich auch keinen maximal-pigmentierten Mitbürger, der sich jemals über die Bezeichnung Mohrenkopf oder Negerkuss aufgeregt hätte. Obwohl man ja auch schon seit längerem Schokokuss sagen soll. Nur die Österreicher, die dürfen noch Schwedenbombe zum Schokokuss sagen und ich wette, da regt sich auch kein Skandinavier drüber auf.

Apropos Österreich… Die Ösis haben auch einige lustige Namen für ihre vielen Kaffee-Spezialitäten. Einen „Weißen mit Haut“ gibt es da genauso wie einen „Kleinen und Großen Schwarzen.“ Sogar einen „Sperbertürken“ gibt es dort, was die Türken aber eher mit einem lachenden Auge sehen und wohl kaum als Diskriminierung empfinden dürften.

Ach ja, bevor ich es vergesse, wenn sich jetzt auch noch unsere deutschen Jäger auf den Schlips getreten fühlen, wenn ich als Alternative Mayo und Jägersauce möchte, dann stehe ich wohl vollends auf dem Schlauch. Also liebe Sinti und Roma, seht es doch eher mal als Auszeichnung, wenn ein Lebensmittel euren Namen trägt und tragt es wie eure Vorfahren, die Zigeuner: Mit Stolz!

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Arpad der Zigeuner

daumenSachen gibts…

…die glaubt dir kein Mensch. Trotzdem erzähle ich euch mal, was mir am Samstag passiert ist. Da war ich im nämlich wegen der monatlich anstehenden persönlichen Belustigung mal wieder mit der besseren Hälfte unterwegs. Nachmittags erstmal zum diesjährigen Ortspokalschießen unserer Schützenbruderschaft, abends dann noch ein etwas ausgiebiger Zug um den Block. Zu späterer Stunde regte ich dann an, noch vor dem Verlust der Muttersprache etwas herzhaftes zu uns zu nehmen. Da keine Einwände geduldet wurden kamen, steuerten wir also schnurstracks die nächste Fritten-Ranch an, um den Gelüsten zu frönen und den Darm zu füllen.

Also mal ruckizucki zwei Asi-Schalen bei Manni bestellt. Manni heißt eigentlich gar nicht Manni. In wirklichkeit heißt Manni ja… Tja, wie heißt Manni eigentlich wirklich? Ist ja auch egal, auf jeden Fall kommt er aus Polen und da heißt man normalerweise nicht Manni. Naja, als ich mir wenig später das erste fritierte Kartoffelstäbchen zu Munde führen will, titscht mich so ein Typ von der Seite an. Mit flüchtigem Kennerblick nehme ich zur Kenntnis, dass er eher dem Stamm der Sinti oder Roma angehört. So ein Typ wie Arpad – naja nicht ganz so, aber in etwa… Man könnte ihm in etwa mit einem zu klein geratenem – dafür aber gut gemästeten Hausschwein – vergleichen.

Unverholen streicht er über den Ärmel meiner vor kurzem neu erworbenen Lederjacke, schnalzt mit der Zunge und raunt mir zu: „Schöne Jacke, Chef.“ Da ich mich ja nur in den seltensten Fällen bei der Nahrungsaufnahme unterbrechen lasse, stopfe ich mir ein Stück der granatenmässig guten Currywurst in den Mund, kaue sie gut durch, schlucke sie genießerisch herunter und erwidere beiläufig – allerdings ohne ihn anzusehen: „Mhhhh.“ Was einem „Ja“ in etwa gleich kommt.

Da Arpad – wir nennen ihn jetzt einfach mal so – wohl nicht mit so einer detaillierten Antwort gerechnet hat, schob er gleich ein „Verkaufen du die Jacke, Chef?“ hinterher. Mein erster erstaunter Blick ging zur besseren Hälfte, ob ich das auch richtig verstanden hatte. Ihre abfällige Handbewegung deutete ich indes so, das ich zwar richtig gehört hatte, mich aber mit Arpad nicht weiter einlassen solle. Allerdings war ich da anderer Meinung.

Nachdem ich ihn von oben bis unten gemustert hatte, kam ich erstmal zu dem Ergebnis, dass er die Jacke unmöglich für sich haben wollte. Dafür hätte er binnen 2 Sekunden 15 cm wachsen und 35 mindestens Kilo abnehmen müssen. Also fragte ich vorsichtshalber mal nach: „Für dich, Chef?“ Er lachte mich an und stieß ein „Klar für mich!“ hervor. Dann konnten die Spiele beginnen…

Als erstes pries ich im wie ein persischer Teppichverkäufer dieses wunderbar weiche Leder und die exzellente Verarbeitung der Kuhhaut an. Und erwähnte auch, dass das Stück gegerbtes Fell nicht billig war. An seinen strahlenden Augen sah ich, das er weiter Blut geleckt hatte. Da keine Barvorräte oder sonstigen Papiere in den Innentaschen deponiert waren, zog ich kurzerhand das Jäckchen aus, hielt es ihm unter die Nase und sagte: „Probier sie an.“ Was mir erstmal einen Knuff in die Rippen und ein unfreundlich hervorgebrachtes „Hast du sie nicht mehr alle?“ von der besseren Hälfte einbrachte. Naja, Frauen haben eben kein Verhandlungsgeschick…

Unterdessen schälte Arpad sich in die Kuhhaut. An den Schultern saß sie gut aber für meinen Geschmack war sie etwas lang. Sie reichte ihm nämlich fast bis in die Kniekehlen. Doch das größte Problem war in meinen Augen, dass der Abstand der Knöpfe zu den Knopflöchern etwa 6-8 cm zu groß war. Er bekam sie nämlich nicht zu. Ich sah meinen Handel schon den Bach runtergehen, als er mich zu meiner Verblüffung fragte: „Was willst du dafür, Chef?“

Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Natürlich wollte ich ihn auch nicht erschrecken und so antwortete ich: „Was gibst du?“ Und nuckelte währenddessen weiter an meiner Currywurst. Er packte mit der rechten Hand in die Hosentasche, kramte flink ein paar Scheinchen daraus hervor und hielt mir zwei Grüne entgegen. „Zweihundert, einverstanden?“ Ungläubig blickte ich seitwerts zur besseren Hälfte, was diese wiederum veranlasste, ihren Zeigefinger zur Stirn zu führen. Ich erwähnte ja schon, dass Frauen keine Nerven für Geschäfte haben.

Ich schaute zu Arpad, der mit den beiden Scheinen vor mir wedelte. Dann setzte ich meine Asi-Schale ab, nahm ihm die Scheinchen aus der Hand und während wir uns die Hand gaben, trällerte ich ihm ein fröhliches „abgemacht“ entgegen. Dann wendete ich mich wieder meinem Kraftfutter zu, nicht ohne vorher die 200 Eurönchen in der Jeans zu verstauen.

Nachdem wir aufgegessen und ich mich bei Arpad mit Handschlag verabschiedet hatte, gingen wir in Richtung Taxistand. Auf dem Weg dorthin bemerkte ich dann beiläufig, dass ich wohl meinen Schwager demnächst nochmal anrufen müsste. Der kann mir dann mal wieder eine neue Lederjacke von der Ledermesse aus Italien mitbringen. Dort bekommt er die Ausstellungsstücke für 30-40% des Verkaufspreises. Für das verkaufte Stück Kuhhaut habe ich übrigens 80 Euro bezahlt.

Aber nicht, das mich jetzt einer bei Arpad anschwärzt…

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