
Eigentlich ist ein Regenbogen ja ein schönes Naturereignis.
Als Zeichen für Toleranz und Gleichstellung sollte – nicht nur nach dem Willen der Politik – die Münchner Allianz-Arena beim heutigen EM-Spiel der Deutschen Nationalmannschaft gegen Ungarn in Regenbogenfarben erstrahlen. Doch einen entsprechenden Antrag lehnte die UEFA – für mich erwartungsgemäß – ab. Seit Tagen wird dieses Thema in den Medien und nicht zuletzt im Social Network sehr kontrovers behandelt. Und auch ich muss mich outen, denn mittlerweile wird mir das „Thema Regenbogen“ zu omnipräsent.
Die Regenbogenfahne gilt als Symbol für die Akzeptanz und Gleichberechtigung von lesbischen und schwulen Menschen und die Beleuchtung des Münchner Stadions sollte eine Protest-Botschaft senden, die auf einen Beschluss des ungarischen Parlaments und ihres Ministerpräsidenten Viktor Orban abzielt. Erlassen wurde dort vor kurzem ein Gesetz, das die Informationsrechte von Jugendlichen in Hinblick auf Homosexualität und Transsexualität in Ungarn einschränkt.
Natürlich ist das ein wichtiges Thema und generell bin ich ein Mensch, der sich nicht gerne etwas verbieten lässt und auch für seine Überzeugungen eintritt. Doch wenn man jetzt den Sport – egal ob aktuell bei der Fußball-EM oder einer anderen Großveranstaltung – politisiert, dann tut man sich damit in meinen Augen keinen Gefallen. Mit Sicherheit hat jedes Mitglied unseres deutschen Teams und auch der meisten anderen Teams seine persönliche Meinung zu diesem oder einem anderen Thema. Schließlich leben sie nicht in einem Kloster.
Aber der Sport sollte sich meiner Meinung nach auf sich konzentrieren. Es gab Zeiten, da wurden 1968 amerikanischen Sprintern ihre errungenen Olympiamedaillen aberkannt, weil sie während der Siegerehrung gegen Rassendiskriminierung protestierten. Hätte man den heutigen Protest seitens der UEFA zugelassen, müsste man angesichts der vielen geknechteten und verstorbenen Bauarbeiter konsequenterweise während der nächsten Fußball-WM in Quatar Särge an die Flutlichtmasten hängen.
Wo will man da einen Unterschied sehen? Welche Aktionen dürfte man zulassen und welche müsste man verbieten? Ich befürworte einen Protest gegen die ungarische Regierung, keine Frage. Aber Politik ist Politik und Sport ist Sport! Die europäischen Politiker sollten sich Gedanken darüber machen, wie man einem Viktor Orban und dessen Regierung deutlich machen kann, dass sie sich im 21. Jahrhundert befinden und nicht im Mittelalter. Da wäre ein spürbares Zeichen, wichtiger als ein Stadion in Regenbogenfarben.
Es ist sicherlich traurig, dass Menschenrechte, Vielfalt und Toleranz selbst im Jahr 2021 in vielen Gegenden der Welt keine Selbstverständlichkeit sind. Vielleicht werde ich es ja noch erleben, dass solche oder andere Proteste irgendwann einmal nicht mehr notwendig sind. Und bei Sportveranstaltungen auch ausschließlich über Sport gesprochen wird. Schön wärs…
Da Sport so viele gesellschaftliche Gruppen anspricht, kann Sport überhaupt nicht unpolitisch sein. Der Versuch, die Politik aus dem Sport draußen zu halten kann nicht gelingen, denn auch jedes Statement, welches nicht gebracht wird, ist am Ende ein Statement!
Wir sollten uns endlich von dem Gedanken befreien, dass es irgendeinen Bereich in einer Gesellschaft gibt, der nicht auch politisch ist und Fußball kann dieser Bereich schon mal gar nicht sein. Fangesänge, die von Rassismus durchzogen sind, sind auch immer ein politisches Statement, um nur ein Beispiel zu nennen. Der Kampf gegen Rassismus ist eben auch ein politischer Kampf. Die Diskussionen im Stadion, der Austausch mit anderen Menschen, der Meinungsaustausch, der sich meist nicht nur um Fußball dreht, ist politisch. Hier bilden sich Wahlentscheidungen, hier wird dem ein oder anderen bewusst, wie widersprüchlich die eigene Meinung ist und somit ist es eben auch wichtig, diesen Raum dazu zu nutzen, um ein Statement für Menschenrechte zu setzen.
Im Grund hat die Entscheidung der UEFA ja etwas Positives. Die Diskussionen darüber haben für die Queere-Community mehr gebracht als die gewünschte Beleuchtung der Allianz Arena. So gesehen also eine Win-Win-Situation
Ich bin Hans‘ Meinung. Der Sport sollte von derartigen Demos freibleiben.