Es gibt ja so Tage, da hasst man seinen Job

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Gut, hassen ist vielleicht etwas falsch ausgedrückt, aber manchmal hängt einem einfach alles am Hals heraus. Keine Angst, mir gehts bestens aber im Sommer habe ich in Bayern jemanden getroffen, dessen Job würde ich – zumindest im Sommer – hassen. Die Rede ist vom Hähnchen-Mann oder wie man bei den Bajuwaren sagt, vom Hendl-Mann.

Der Hendl-Mann war knappe 50 Jahre alt, eher klein, etwas übergewichtig, hat hellgraues schon leicht schütter werdendes Haar und hieß Sepp. Stand zumindest so auf seinem Wagen und ist ja da unten auch nichts ungewöhnliches, denn eigentlich hört jeder dritte im Freistaat auf diesen Namen. Er stand mit seinem Hähnchenwagen auf dem Parkplatz von Lidl und verkaufte dort seine Hendl. Sie sahen lecker aus, aber ich habe trotzdem keins gegessen, denn ich hatte mir kurz vorher noch einen Vitaminschub in Form eines Salats gegönnt. Und irgendwie kamen wir beide dann kurz ins Gespräch.

Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass der Hendl-Mann auf diesem Standplatz kein schlechtes Geschäft macht. Er sagte auch selbst, dass er damit durchaus zufrieden sei. Natürlich hat er an anderen Wochentagen auch noch andere Standplätze aber der Lidl-Parkplatz sei der umsatzstärkste. Aber mal ehrlich, im Herbst oder Winter mag das ja ganz nett sein. Nett vielleicht weniger, aber wenigstens warm.

Wenn die ganzen genervten Hausfrauen, halb erfroren weil sie eine halbe Stunde lang die Einkäufe und ihre zwei quängelnden Rotznasen in ihren SUV geladen haben, plötzlich den Duft von frischen, lecker aussehenden Hähnchen in die Nase bekommen und spontan beschließen dass sie heute doch keinen Zucchini-Auflauf mehr kochen wollen und dann wie in einer Art Rausch zum Hendl-Mann rüber laufen und sechs halbe Hähnchen ordern. Gut fürs Geschäft, wobei die Rotznasen aber auch erst aufhören zu quängeln, wenn man sie knebelt.

Wie schon gesagt, im Herbst oder Winter ist so ein Stand also nichts schlimmes. Aber damals hatten wir auch nur 22° und ab und zu hats geregnet. Aber was ist im 2richtigen“ Sommer? Bei 30° und eventuell sogar 35-36°? Da hat der Hähnchen-Mann doch voll die Arschkarte gezogen! Aber so was von… Dann steht er in seinem Wagen, grillt und schwitzt sich einen Wolf. Dann drehen sich vor dem glühend heißen Grill geschätzte 50 Hühner fröhlich im Kreis, während der arme Hähnchen-Mann verzweifelt versucht, durch den Zusatzverkauf von natürlich eisgekühlter Cola, Wasser oder Sprite wenigstens ein paar Kunden anzulocken.

Ich stelle mir vor wie der arme Mann schwitzt, der Schweiß läuft ihm in Sturzbächen über das rote Gesicht, seine Haare sind klatschnass und sein hellblaues Hemd mit dem Werbeaufdruck auf dem Kragen ist unter den Achseln schon dunkelblau. Der bedauernswerte Kerl kann ja nichts für die Hitze und selbst ein Ventilator bringt in diesem Grill-Inferno nicht wirklich eine Abkühlung. Und seine Hähnchen bekommt er auch nicht an den Mann, weil den potentiellen Kunden scheinbar der Hunger auf Hähnchen vergangen ist. Und die Hähnchen werden schon langsam schwarz…

Ne, ich möchte nicht mit dem Hendl-Mann tauschen, selbst wenn er sich im Herbst und Winter eine goldene Nase verdient. Aber die Aussichten auf den Sommer würden mich da schon wahnsinnig machen. Und heute Abend wenn ich schlafen gehe, werde ich mal wieder beten. Und dem lieben Herrn Gott danken, dass ich so einen tollen Job habe.