Boxnacht im Fernsehen

nurmalso

Am Samstagabend habe ich mir nach langer Zeit mal wieder einen Boxkampf im Fernsehen angesehen.

Auch wenn die deutschen Spitzenboxer eher Mangelware sind, haben Deutschlands Trainer 12 Welt- und Europameistermeister der verschiedenen Gewichtsklassen unter ihren Fittichen. Allerdings spricht der Großteil dieser Athleten eher mit ost- oder südeuropäischem Akzent. Auch wurden ihre Geburtsnamen oft geringfügig bis radikal geändert, damit der deutsche Fan sie auch aussprechen kann.

Lustig wird es dann, wenn ein Boxer namens Alexander Dimitrenko im Jahr 2011 eingebürgert wird und gleich darauf zum besten Boxer des Jahres gewählt wird. Zum Zeitpunkt der Wahl aber gerade mal „Bitte“ und „Danke“ sagen kann. Und welchem Boxfan sind die Namen Adnan Ćatić, Muamer Hukić und Awetik Abrahamjan kein Begriff? Naja, zumindest mit ihren neuen Identitäten feierten Felix Sturm, Marco Huck und gestern noch Arthur Abraham schon beachtliche Erfolge und verdienten zumindest soviel Geld, um sich nach Karriereende die Nase wieder richten zu lassen.

Boxen ist ja eher eine unfeine Sportart, bei der man sich in Zweiergruppen die behandschuhten Patschehände gegenseitig ins Gesicht oder an den Oberkörper klatscht. Ziel eines Boxers ist es dabei, seinen Gegner besinnungslos zu prügeln oder ihn zumindest ziemlich übel zuzurichten. Da fließt dann auch schon einmal Blut und bei diversen Ringschlachten der Vergangenheit hatte man manchmal schon das Gefühl, dass der ein oder andere Boxer mehr Blut verlor als er zum Leben brauchte.

Im ersten Fall spricht man auch von einem Knock-Out. Der aber nicht, wie oft fälschlicherweise angenommen deswegen zustande kommt, weil das Gehirn durch den ständigen Wechsel negativer und positiver Beschleunigung irgendwann keine Lust mehr hat, sondern weil das Gehirn des Boxers in jahrelangem Feintuning darauf trainiert wurde, den Körper im Fall des Knock-Outs jegliche Möglichkeit der Gegenwehr zu geben.

Der Boxer ist ein meist männliches Individuum, das seine weiblichen Seiten noch nicht entdeckt hat. Er schlägt vor Verzweiflung auf Gleichgesinnte und versucht eine Antwort auf sein Anderssein herauszuprügeln. Bei weiblichen Boxerinnen ist allerdings etwas anderes zu beobachten. Sie prügeln sich wie im wirklichen Leben auch um Kleinigkeiten wie einen schönen Schminkspiegel, ein hübscheres Kleid oder dergleichen.

Der Höhepunkt nach dem Kampf ist bei beiden, Boxern und Boxerinnen, das gegenseitige umarmen. Während der Umarmung, von Fachleuten auch Klammern genannt, wird traditionell das gemeinsame Duschritual mit dazugehörigen Trösten vereinbart. Bei einem K.O. übernimmt der/die Bewusstlose automatisch den passiven Part, wobei die verbale Art der Tröstung sich von Boxer zu Boxer unterscheidet.

Die Königsklasse des Boxens ist das Superschwergewicht, oft auch abfällig die Roggen-Vollkornklasse genannt. Hier prügeln unbewegliche, hünenhafte Fleischberge mit offensichtlichen Bärenkräften aufeinander ein. Ein heute noch bekannter und sehr beliebter Boxer dieser Klasse war Muhammad Ali. Der leider vor kurzem nach langjähriger Krankheit verstorben ist.

Boxer sind eher dem HipHop-Umfeld zuzuordnen, weil diese Lebenseinstellung dem ohnehin eher lustlosen Gehirn sehr entgegenkommt. Überhaupt ist die Sache mit dem Gehirn – neben einer chronisch platten Nase – das größte Dilemma des Boxers, da dieser zwar über einen überaus leistungswilligen und durchtrainierten Körper verfügt, das Gehirn jedoch schon von einer Wiedergeburt in ein neues, bunteres Leben träumt. Und alles dafür tut, dieses Ereignis früher eintreffen zu lassen.

Und manchmal kann Boxen sogar richtig weh tun…